5.10.12

Islandherbst

7. - 19. Oktober 2012
Endspurt und Packen: Ich bin gespannt was mich diesmal im Herbst in Island erwartet. Nach einem langen Sommer ohne Ferien bin ich reif für die Insel. Allerdings lese ich mir meine Insel nach anderen Kriterien aus als die grosse Masse. So kommt es, dass ich mitlerweile zum 10. Mal auf meine Lieblingsinsel im Nordatlantik reise.
Sonntag 7. Okt. - Start mit Hindernissen
Morgens um halb 7 höre ich per Zufall, dass in Rotkreuz eine Fahrleitungsstörung zu Verspätungen führt. Um meinen Flug trotzdem zu erreichen, beschliesse ich 1 Stunde früher zu Reisen. Also werfe ich den Bruder aus dem Bett, damit er mich nach Alpnach bringt. So beginnt meine 10. Islandreise mit einer Pannenserie.
1. Panne: Zugaufall in Rotkreuz
2. Panne: Da der Bus erst ab 8 Uhr fährt, brauche ich ein Taxi
3. Panne: Beim Zug sind 2 Waggons abgeschlossen
4. Panne: Das Zugspersonal der ZB weiss von Nichts
5. Panne: Der Zug nach Zürich hat 8 Min. Verspätung
6. Panne: Die Durchsage im Zug funktioniert nicht
7. Panne: Stellwerkstörung bei Reiden
8. Panne: Der Zug hat mitlerweile 30 Min. Verspätung
9. Panne: Zusätzliches Umsteigen in Zürich
10. Panne: Natürlich hat auch dieser Zug Verspätung
-----> hier höre ich auf mit Zählen!
Dank früherem Start komme ich doch noch rechtzeitig zum Check-In.
In Kopenhagen habe ich mehrere Stunden Zeit bis zum Weiterflug nach Island. Da ich aber mit Internet und Blog zu kämpfen habe, geht das schnell vorbei.
Nach einem ruhigen Flug erreiche ich Kefavlik um 21 Uhr. Natürlich mache ich nach dem Zimmerbezug noch einen Ausflug zu meinem Lieblingsleuchtturm.

Montag 8. Okt. - Amerika und faule Eier
Nun bin ich also in Island, aber eigentlich bin ich in Amerika. Island liegt auf der Nahtstelle zwischen der eurasischen und der amerikanischen Kontinentalplatte, deshalb so viele aktive Vulkane. Darum hat auch der Eya dings bums Pums gemacht. Keflavik liegt also erdgeschichtlich in Amerika. Auch der würzige Duft von faulen Eiern begleitet mich diesen Tag, denn überall dampfen Schwefeldämpfe aus der Erde. Damit wird nicht nur das Bad „Blue Lagoon„ beheitzt, sondern gleich ganz Reykjavik. In der Lavalandschaft der Reykjanes Halbinsel erkunde ich die Geothermie und schaue dann Nachmittags dem Geysir zu. Nun aber ab in den Hot-Pot.
Dienstag 9. Okt. - Ein Schweizer in der Sveit

Heute habe ich in einem Sweit Hotel übernachtet, wie die Farmholidays auch genannt werden. Als Sweit werden die Landwirtschaftsgebiete in Island genannt. Jetzt bin ich in Fludir, dem Hauptanbaugebiet für Gemüse. Vor allem Tomaten und Gurken, aber auch Kohl oder sogar Artischoken gedeien hier dank Erdwärme. Es hat also auch Vorteile, wenn man auf einem Vulkan sitzt.  Fast alles landwirtschaftlich nutzbares Land liegt an der Südküste. Ironie des Schiksals, nur dank Lavaasche ist der Boden so fruchtbar. Da es im Winter hier selten viel Schnee gibt, sieht man die Tiere fast das ganze Jahr auf der Weide. Viele Wasserfälle von den Bergen und aus den Wolken begleiten mich auf dem Weg nach Vik.
Mittwoch 10. Okt. - On the Rocks

Diese Nacht hatte ich ein Zimmer mit Entfaltungsmöglichkeiten, kaum geht man aus dem Zimmer, kann man sich entfalten. Das Wetter ist beständig, es regnet ohne Unterlass. Also ein Tag um mit einem Drink zu Hause zu bleiben? Geht nicht, keine Zeit, habe schliesslich Ferien. An der Südküste gibt es aber einen  See mit schwimmenden Eisbergen, daher der Titel. Der Jökulsarlon sieht sogar bei Regen schön aus. Auch die Berge, teilweise verhüllt mit Nebelschleiern, zwingen mich immer wieder zum Anhalten, um ein Foto zu schiessen. Etliche km nach Höfn nehme ich eine polnische Familie mit, die heute noch nach Egilsstadir will. Erst in Reydarfjördur zeigt sich gegen Abend eine blaue Störung, aber die Sonne zeigt sich heute noch nicht.
Donnerstag 11. Okt. - Regen und Regenbogen
Das Wetter ist immer noch beständig, nur die Intensität hat zugenommen. Von Neskaupstadir gehts über den 600m hohen Pass zurück zur Ringstrasse und bald erreiche ich Egilsstadir. Weil eine Pässefahrt bei Regen so lustig ist, fahre ich über die Hellisheidi (700m). Zur Abwechslung hat's Nebel. Und dann um 16 Uhr kommt doch noch die Sonne und ein wunderschöner Regenbogen erscheint. Ich schiesse Fotos bis die Kamera raucht. Der Tag ist gerettet.
Freitag 12. Okt. - Stadt und Land
Als ob Vopnafjördur nicht abgelegen genug wäre, ich übernachtete noch 20km ausserhalb. Ausser Schafe und das Rauschen des Flusses höre ich nichts. Durch die einsamen Weiten des Nordens fahre ich heute nach Akureyri. Nur ab und zu findet ein zaghafter Sonnenstrahl den Weg zu mir. Wetten dass ich gleich eine gute Beiz in der Stadt finde!
Samstag 13. Okt. - Sonne und Sonnenwind
Heute ist alles anders. Die letzten Wolken verziehen sich. Ein Prachtstag kündigt sich an. Noch ausgiebig frühstücken, denn bei schönem Wetter kommen die leiblichen Bedürfnisse erfahrungsgemäss zu kurz. Nach ca. 50 Fotopausen komme ich am nördlichen Zipfel bei Siglufjördur an. Die Sonne strahlt mit den Schneebergen um die Wette. Fjorde, Bauernhöfe, Berge, ich weis fast nicht wo ich hinschauen soll. Ich schlängle mich um die Halbinsel rum und weils so schön ist hänge ich gleich die Skagi Halbinsel dran. Nach einem wunderbaren Sonnenuntergang erreiche ich mein Hotel.
DieSonne ist ja bekanntlich ein riesiger Kernfusionsreaktor. Der schmeisst mit Atomen nur so um sich. Wie das bei Atomanlagen so üblich ist, kocht auch mal was über. Diese Sonnenmaterie trift dann in Polnähe auf unsere Erdatmosphäre. So entstehen die berühmten Polarlichter. Die ganze Nacht über konnte ich so diese Himmelserscheinungen geniessen.
Sonntag 14. Okt. - Go West
Langsam geh's Richtung Westen. Nach dem Süden, Osten und Norden ist nun der Westen Island's an der Reihe. Ich geniesse das wunderbare Wetter und kurve um die schönen Fjorde am Breidafjördur. Grundavik ist heute mein Ziel. Nach einem feinen Nachtessen gibt's noch Aurora Borealis a discresion zum Dessert.
Montag 15. Okt. - Am Tor zur Unterwelt
In seinem Roman "20'000 Meilen unter dem Meer" beschreibt Jules Verne den Einstieg in die Unterwelt am Snaefellsjökull. Rund um diese  Berg dreht sich bei mir heute alles. Schon nach wenigen km liegt die weisse Schneekuppe des Snaefell's vor mir. Heute ist wieder ein Prachtstag und so strahlt die weisse Kuppe wunderbar über den grau braunen Bergen. Immer wieder halte ich an, um den Anblick zu geniessen. Den ganzen Tag kurve ich rundherum und fotografiere den Berg von allen Seiten. Ich kann mein Wetterglück kaum fassen, denn üblicherweise versteck sich der Snaefelsjökull vornehm hinter einer Workenschicht. Von einem Vulkankrater aus schaue ich zu, wie die Sonne im Meer versinkt. Und in der Nacht Aurora Borealis zum Dritten.
Dienstag 16. Okt. - Tag der Entscheidung
Heute ist der grosse Tag der Schweizer Nati in Reykjavik gegen Island. Hier spürt man wenig davon, ausser dass ein paar Schweizer Fussballfans im Hotel abgestiegen sind und dass das Spiel immer wieder in den Nachrichten erwähnt wird. Mich lässt das relativ kalt, auch wenn ich gespannt auf das Resultat bin. Erst hält mich aber noch der Snaefellsjokull in seinem Bann. Auf dem Weg nach Borgarnes schaue ich immer wieder zum weissen Gipfel zurück. Noch aus 100km Entfernung kann ich ihn immer noch erkennen. Hraunfossar und Akranes sind jetzt meine Ziele. Nach einem schönen Sonnenuntergang beim Leuchtturm steht es immer noch 0:0. Jetzt nach dem Nachtessen steht es 2:0 für die Schweiz. Das heisst ich mache noch Jagd auf Aurora Borealis und ein Dessert.
Mittwoch 17. Okt. - Herbst auf dem Rütli
Langsam begebe ich mich wieder in die Hauptstadtregion. Wieder ein schöner Herbssttag. Was liegt da näher, als den Nationalpark Thingvellier zu besuchen. Hier liegt sozusagen das Rütli der Isländer. Nur waren sie bei der Staatsgründung gut 300 Jahre früher dran. Hier beim Allmännergraben wurde das erste Parlament Europas gegründet. Auf dem Rütli fehlt uns noch so ein Graben, der zudem jedes Jahr ca. 2cm breiter wird. Wir haben höchstens mal ein Loch in der Wiese, wenn der Rütlibomber vorbeikommt. Jetzt im Herbst ist es sehr farbig hier und auch der rauhe Wind kann mich nicht von einer Wanderung abhalten.
Donnerstag 18. Okt. - Down Town
Zum Abschluss meiner Islandreise gehe ich noch ein wenig in die Stadt. Zuerst führe ich mir das neue Opernhaus zu Gemüte. Die Isländer protzen gerne mit etwas, das sie eigentlich nicht vermögen. Aber zugegeben, die "Harpa" sieht schon verdammt gut aus. Dagegen wirkt das KKL in Luzern eher bieder. Als Kontrastprogramm sehe ich mir die neue Vulkan Show an. Eindrücklich was die Naturkräfte in Island bewirken. Ein kulinarischer Streifzug rundet meinen Stadtrundgang ab. Vom Perlan aus sehe ich dem Sonnenuntergang zu und schliesse ein weiteres Kapitel in meinem Islandbuch.
Freitag 19. Okt. - Heimwärts
Trotz vielen schönen Erlebnissen in Island komme ich immer wieder gerne in die Schweiz zurück, und sei es nur um wieder neue Reisepläne zu schmieden.

.